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HEINRICH HEINE – POET DER LIEBE, PIONIER DER FREIHEIT
Eine musikalische Textcollage von Vera Bauer

Lyceum Club Zürich
Rämistrasse 26
8001 Zürich

Eintritt (inklusiv Imbiss): 50.–/40.– für Omanutmitglieder
Einzelveranstaltung: 30.–/25.– für Omanutmitglieder

Anmeldung unter omanut@omanut.ch oder 044 915 28 63

 

Der Elefant im Raum: Das Jüdische bei Heine und Proust

Das Jüdische bei Heinrich Heine (1797 in Düsseldorf – 1856 in Paris) und Marcel Proust (1871 in Paris – 1922 ebenda) auszumachen, ist nicht einfach, da Ambivalenz das Werk und die jüdische Identität der zwei Autoren kennzeichnet. Gleichwohl lösten bei beiden antisemitische Ausschreitungen augenfällige politische Reaktionen aus: Bei Heine waren es die pogromartigen Hep-Hep-Krawalle, die ihn zum Gedicht an «Edom», also an seine christliche Umgebung, veranlassten:

An Edom!

        Ein Jahrtausend schon und länger

        Dulden wir uns brüderlich;

        Du, du duldest, daß ich atme,

        Daß du rasest, dulde ich.

        Manchmal nur, in dunklen Zeiten,

        Ward dir wunderlich zumut,

        Und die liebefrommen Tätzchen

        Färbtest du mit meinem Blut.

        Jetzt wird unsre Freundschaft fester,

        Und noch täglich nimmt sie zu;

        Denn ich selbst begann zu rasen,

        Und ich werde fast wie du!

Inwiefern sich Heinrich Heine zu politischer «Raserei» hinreissen liess, ist schwierig festzulegen, bei Marcel Proust hingegen führte die Affäre Dreyfus zu einer kurzen aktivistischen Phase. Auf jeden Fall sind Assimilation und Antisemitismus Themen, die das Wirken der zwei Dichter durchdringen. Und es finden sich bei Heine und Proust weitere Gemeinsamkeiten: Beide waren regelmässige Besucher literarischer Salons und für beide war das Leben in Paris eine prägende Erfahrung. Hätten sich ihre Lebensdaten überschnitten, wären sie sich wahrscheinlich bei einem der beliebten Diners im Hause von Giacomo Meyerbeer begegnet. Dort verkehrte nämlich nicht nur Heinrich Heine, sondern auch Adolphe Crémieux, der Trauzeuge von Marcel Prousts Eltern. Wie dem auch sei, das Omanut-Doppel über Heine und Proust soll Resonanzen zwischen den beiden sehr unterschiedlichen Werken anklingen lassen und zu einer etwas anderen Auseinandersetzung mit ihnen einladen.

KURZBIOGRAFIEN

Andreas Isenschmid, geboren 1952 in Basel, ist einer der profiliertesten deutschsprachigen Literaturkritiker. Von 1995 bis 2001 leitete er das Feuilleton des Tages Anzeigers und ist heute Mitarbeiter der ZEIT und von 3sat. Er war Juror beim Bachmannpreis sowie beim Deutschen und Schweizer Buchpreis. Seine jüngsten Publikationen sind «Marcel Proust» (Deutscher Kunstverlag, 2017) und «Der Elefant im Raum. Proust und das Jüdische» (Hanser, 2022). Andreas Isenschmid lebt mit seiner Familie in Berlin.

Thomas Sparr war nach dem Studium der Literaturwissenschaft und Philosophie in Hamburg, Marburg und Paris von 1986 bis 1989 an der Hebräischen Universität in Jerusalem und am dortigen Leo Baeck Institut tätig. Von 1990 bis 1998 leitete er den Jüdischen Verlag, später war er Cheflektor des Siedler Verlags. Er lebt heute in Berlin und arbeitet als Editor-at-Large für den Suhrkamp Verlag. Zuletzt hat er bei Omanut sein Buch «Hotel Budapest, Berlin …» (Berenberg Verlag, 2021) vorgestellt.

Vera Bauer tritt mit ihren Wort-Musik-Programmen bei Kulturveranstaltern in der Schweiz und Deutschland auf. Geboren 1961 in den USA, aufgewachsen in Deutschland, hat sie an der Musikhochschule Freiburg i. Br. Violoncello im Hauptfach studiert und später eine Ausbildung als Sprecherin und Rezitatorin abgeschlossen. Seit 1992 lebt sie in der Schweiz. Mitwirkung bei musikdramatischen Werken in der Tonhalle Düsseldorf, der Tonhalle Zürich und dem Konzerthaus Berlin. Sprecherin bei Radiofeatures im Deutschlandfunk Kultur. Projekte u.a. mit dem Pianisten Benjamin Engeli, dem Galatea Quatett, Christina Jaccard & Band, dem Violinisten David Goldzycher und dem Bartholdy-Ensemble bei Matineen der Tonhalle Zürich. www.verabauer.ch

Proust und das Jüdische

Sonntag, 11. Dezember 2022, 11.30 Uhr

Der Autor Andreas Isenschmid im Gespräch mit Thomas Sparr

Das Jüdische bei Marcel Proust ist gemäss dem Autor Andreas Isenschmid tief mit seinem Geburtsort Auteuil verbunden, wo sich seine nähere und weitere jüdische Verwandtschaft regelmässig traf: «Prousts erste zehn intensiv in Auteuil verbrachte Lebensjahre fielen zusammen mit dem goldenen Zeitalter der französischen Juden.» Doch dann folgte auf den Zusammenbruch der Bank Union Générale 1886 die Veröffentlichung von Édouard Drumonts antisemitischem Werk «La France juive» und nahm damit die Stimmung vorweg, die sich dann mit der Affäre 

Dreyfus gewaltsam manifestierte. Diese Ereignisse fanden Eingang in die ersten Skizzen der «Recherche»: «Die Dreyfus-Affäre führte kurz nach der Zeit, als ich angefangen hatte, zu Madame Swann zu gehen, einen derartigen neuen Wandel herauf, und das Kaleidoskop wirbelte noch einmal seine kleinen bunten Rauten durcheinander. Alles, was 

jüdisch war, kam nach unten zu liegen, sei es selbst die elegante Dame, und obskure Nationalisten nahmen ihren Platz ein.»

Über Proust und das Jüdische, seinen einzigartigen Stil und die «Recherche» als Geschichtsschreibung unterhält sich der Autor und Literaturkritiker Andreas Isenschmid mit dem Kulturwissenschaftler Thomas Sparr.

Heinrich  Heine –  Pionier  der Freiheit

Sonntag, 11. Dezember 2022, 14.30 Uhr

Eine musikalische Textcollage von Vera Bauer

Heinrich Heine kommt am 13. Dezember 1797 als Harry Heine in Düsseldorf zur Welt. Sein unruhiger Lebensweg führt ihn über Göttingen, Hamburg und Berlin nach Paris. Schon früh sieht der studierte Jurist seine Berufung im Schreiben und im Einsatz für Freiheit und soziale Gerechtigkeit. Heine wird Lyriker, Essayist, Journalist und politischer Kommentator.

Das sprichwörtliche «Entréebillet in die europäische Gesellschaft» verschaffte sich Heinrich Heine durch die Taufe, fühlte sich jedoch zeitlebens mit seinem Judentum verbunden: «Wie kann ich aus meiner Haut fahren, die aus Palästina stammt und welche von den Christen gegerbt wird seit achtzehnhundert Jahren.»

Vera Bauer bringt die Lebensthemen des unabhängigen Geistes und scharfsinnigen Glücks- und Sinnsuchers Heinrich Heine auf die Bühne: seine unvergleichliche Poesie, versetzt mit Celloklängen; seine autobiographischen Skizzen, sinnenfreudig und voll kluger Ironie; seine poetisch-sarkastischen Glanzstücke noch auf dem Sterbebett im Pariser Exil.

Zum 225. Geburtstag von Heinrich Heine ist ein Omanut-Blatt 

erschienen, das verschiedene Facetten von Heines Kunst beleuchtet und das bei der Veranstaltung aufliegt.