Seefeldstrasse 177, 8008 Zürich
Reservation Vortrag (15 Uhr) und Szenische Lesung (17 Uhr):
omanut@omanut.ch / 044 915 28 63
Tickets (inkl. Kaffee und Kuchen): 35.-/30.- (für Omanut-Mitglieder)
Als der Bariton Marko Rothmüller, der 1932 in Zagreb mit dem Autor Hinko Gottlieb und dem Kaufmann David Spitzer den Kulturverein Omanut gegründet hatte, 1936 ein Engagement ans Zürcher Stadttheater erhielt, konnten seine kroatischen Freunde ihren Aktivitäten noch nachgehen. Hinko Gottlieb veröffentlichte Erzählungen, Essays und Gedichte in der 1936 vom Verein herausgegebenen Kulturzeitschrift «Omanut». Im März 1940 erschienen dort erste Auszüge aus einer geplanten Romantrilogie über das Leben der Juden in Zagreb nach dem Ersten Weltkrieg. Einige Monate später erhielt die eben gegründete Zürcher Schwesterorganisation die letzten Kartengrüsse aus Zagreb. Als Marko Rothmüller im Sommer 1942 für die Zürcher Omanut-Mitglieder einen Leitartikel zum zehnjährigen Jubiläum schrieb, war David Spitzer bereits im Konzentrationslager Jasenovac ermordet und Hinko Gottlieb nach seiner Flucht in die italienisch besetzte Zone im Lager Porto Ré interniert worden. Wie Hinko Gottlieb den Krieg überlebt und was sein Schicksal und sein literarisches Werk geprägt hatte, dafür begann sich die kroatische Historikerin Marija Vulesica im Laufe ihrer Recherchen zum Holocaust in Südosteuropa zu interessieren. Inzwischen hat sie beim Verlag Hentrich & Hentrich zwei Bücher mit Texten von Hinko Gottlieb herausgegeben und wird uns diese in einem Vortrag und einer szenischen Lesung mit den Schauspielern Michael Goldberg (Residenztheater München) und Franziska Machens (Deutsches Theater Berlin) in der Regie von Anita Vulesica vorstellen.
Marija Vulesica ist Historikerin und Alfred Landecker Lecturer an der Humboldt Universität zu Berlin. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Jüdische Geschichte und die Geschichte des Holocaust in Südosteuropa. In einem aktuellen Projekt erforscht sie den Holocaust im Unabhängigen Staat Kroatien durch das Prisma einer Kollektivbiografie. Sie ist Autorin und Herausgeberin zahlreicher Schriften.
Hinko Gottlieb, geboren 1886 in der kroatischen Kleinstadt Đurđevac, war Rechtsanwalt, Schriftsteller, Dichter und überzeugter Zionist. Im Mai 1941, kurz nach dem deutschen Überfall auf das Königreich Jugoslawien, verschleppte ihn die Gestapo nach Wien. 1942/1943 war er in den italienischen Lagern Porto Ré und Kampor interniert, wo er schrieb, Theateraufführungen organisierte und geistliche Tätigkeiten übernahm. Im September 1943 schloss er sich Titos Partisanen an. Im Sommer 1944 wurde er nach Süditalien entsandt, um Hilfe für jüdisch-jugoslawische Flüchtlinge zu organisieren. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Ruža Gottlieb floh er im März 1945 nach Palästina, wo er bis zu seinem Tod 1948 in steter Erinnerung an die Ermordung ihrer beiden Söhne weiterschrieb.