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«Ich komme aus der DDR, und ich bin Jude, und dabei bleibt es.»

Donnerstag, 29. Oktober 2020, 19 – 22.30 Uhr

Theater Neumarkt
Neumarkt 5
8001 Zürich

mit anschliessender Busfahrt ins Kino Xenix, Kanzleistrasse 52, 8004 Zürich
Ticketverkauf: 044 267 64 64/tickets@theaterneumarkt.ch; Karten für CHF 15/30/45

Die Geschichte des Künstlers Thomas Brasch (1945-2001) ist so faszinierend wie tragisch:  Das Kind jüdischer Emigranten wurde in England geboren und kam bereits als Einjähriger nach Deutschland in die Sowjetische Besatzungszone, wohin die aus Wien stammende Mutter Gerda ihrem Ehemann Horst Brasch nur widerwillig folgte. Dieser wurde ein hoher SED-Funktionär und war zeitweilig Stellvertretender Minister für Kultur der DDR. Dass er Thomas trotz dessen flehentlichem Bitten die Jahre in der Kadettenschule der Nationalen Volksarmee in Naumburg nicht ersparte und später auch nichts gegen dessen Inhaftierung aufgrund einer Flugblattaktion während des «Prager Frühlings» unternahm, führte zu einem zerrütteten Verhältnis zwischen Vater und Sohn. Die Gedichtsammlung, mit der Thomas Brasch, inzwischen nach Westberlin übersiedelt, berühmt wurde, hiess denn auch «Vor den Vätern sterben die Söhne» (1977). Nur zwei Jahre später konnte man in seinem Essay über Robert Musils «Törless» lesen: «Indem die herrschende Klasse die kleinste Zelle des eigenen Staates, die Familie nämlich, zerstört (in der Hoffnung auf perfekt geschliffenen Nachwuchs), schafft sie sich den zukünftigen Feind: Der eigene Sohn, im Internat zum blutig geräderten, melancholischen Ödipus heruntergekommen und aufgestiegen, wird im nächsten Krieg als Offizierswerkzeug ohne wirklichen Standesstolz zerbrechen oder er wird den väterlichen Staat – beschreiben.» Auch die beiden Brüder von Thomas, Klaus und Peter, ebenfalls Künstler, kamen mit dem Leben schwer zurande und starben wie Thomas viel zu früh an übermässigem Alkohol- und Drogenkonsum. Nur die Schwester, die Hörfunkjournalistin und Schriftstellerin  Marion Brasch, konnte mit dem schwierigen Erbe umgehen und hat einen berührenden Roman über ihre Familie geschrieben.

Aus dem überbordenden Werk von Thomas Brasch, das Prosa, Gedichte, Theaterstücke und Übersetzungen umfasst, hat der Lyriker Max Czollek eine Collage zusammengestellt. Nach deren Premiere im Theater Neumarkt wird ein Bus die Zuschauer ins Kino Xenix bringen, begleitet von Ursula Andermatt. Die in Berlin lebende Schweizer Schauspielerin war eine der Lebensgefährtinnen von Thomas Brasch und wird aus ihrer gemeinsamen Zeit erzählen und in den Film «Der Passagier – Welcome to Germany» (1988) einführen. Der Protagonist der Geschichte, die Thomas Brasch zusammen mit Jurek Becker verfasst hat, wird vom späten Tony Curtis verkörpert. Er spielt einem Holocaust-Überlebenden, der sich am Ende eines erfolgreichen Lebens in den USA seiner Vergangenheit stellen will und deshalb eine Reise nach Deutschland unternimmt.

Das Kino Xenix zeigt im Oktober auch weitere Thomas-Brasch-Filme: www.xenix.ch.

Diese Veranstaltung ist eine  Zusammenarbeit zwischen Omanut, dem Theater Neumarkt und dem Kino Xenix