Anlässlich der Buchvernissage von Jos Versteegens Biografie
erinnern sich Marita Keilson und Martin Dreyfus an den Arzt und Autor
Sphères, Hardturmstrasse 66, 8005 Zürich
Tickets: 20.-/15.- für Omanutmitglieder
Anmeldung: omanut@omanut.ch oder 044 915 28 63
Der Arzt und Autor Hans Keilson bezeichnete die Verwandtschaft zwischen Psychoanalyse und Literatur, die sein Leben auf weite Strecken bestimmte, als «Zwillingspferde». Beide hätten zum Ziel, «menschliche Gefühle aufzudecken». Ganz ähnlich formulierte es Marcel Reich-Ranicki, der Medizin und Literatur als «Geschwister» bezeichnete, die beide «gegen die Vergänglichkeit rebellieren». Hans Keilson, der 2011 mit 101 Jahren verstarb, ist dem Tod tatsächlich sehr lange von der Schippe gesprungen. Dennoch war dieser in seinem Leben allgegenwärtig: Mit dem Aufstieg Hitlers war Keilsons Leben und das seiner Familie bedroht. Auch wenn ihm und seinen Eltern die Emigration in die Niederlande gelang, überlebte nur er die Besetzung des Landes durch die Nationalsozialisten. Bis an sein Lebensende warf er sich vor, dass er nicht auch für seine betagten Eltern eine Unterschlupfadresse besorgen konnte. Nach dem Krieg verblieb er zwar in den Niederlanden, wo er als Psychoanalytiker wirkte und u.a. ein Standardwerk zur sequentiellen Traumatisierung bei Kindern schrieb, doch zog ihn die deutsche Kultur weiterhin an. Er schrieb all seine Romane und Gedichte auf Deutsch und war auch nicht Mitglied des niederländischen, sondern des deutschsprachigen Exil-PEN. Interessant ist in diesem Zusammenhang sein Roman „Der Tod des Widersachers“, mit dessen Aufzeichnung er schon während der Kriegsjahre begonnen und der ihm im hohen Alter dank einer Rezension in der New York Times späten Ruhm als Schriftsteller beschert hatte. Darin suchte er in seinem Gegner, den als B. bezeichneten Hitler, eine Verwandtschaft oder eine Beziehung auf Augenhöhe – ein Unterfangen, das auch Thomas Mann mit seinem ambivalenten Essay «Bruder Hitler» (1938) gewagt hatte. Keilsons geistige Beziehung zu Thomas Mann, zur Musik Richard Wagners und zur deutschen Sprache wird Thema einer Annäherung an den Arzt, Autor und Zeitzeugen Hans Keilson sein: Während die Witwe und Geisteswissenschaftlerin Marita Keilson sowie der Exilliteraturkenner Martin Dreyfus ihre persönlichen Erinnerungen an Hans Keilson vermitteln werden, stellt der Dichter und Übersetzer
Jos Versteegen seine kürzlich auf Deutsch erschienene Biographie «Hans Keilson – Immer wieder ein neues Leben» (S. Fischer Verlag, 2024) vor.