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Der Musiker und Dadaist Erwin Schulhoff revisited

Aus Anlass seines 120.Geburtstags steht der Prager Komponist Erwin Schulhoff (1894-1942) im Zentrum eines Konzerts mit Streichquartetten von Komponisten aus Böhmen und Frankreich. Mit dem Amar Quartett engagiert sich eines der international erfolgreichsten Kammermusikensembles der Schweiz für diese unterschiedlich bekannten Werke: Dem einzigen Quartett von Claude Debussy gehen zwei Werke von Erwin Schulhoff und die schweizerische Erstaufführung einer der letzten Kompositionen von Darius Milhaud voraus. Dadaistische Texte, vorgetragen vom Schauspieler Helmut Vogel, lassen eine weitere Facette von Schulhoffs Schaffen aufscheinen.

Erwin Schulhoff wurde als musikalisches Wunderkind dank Antonín Dvořáks Fürsprache ins Prager Konservatorium aufgenommen, bevor er sich dort und in Wien als Komponist ausbilden liess. In kompositorischen Fragen auch von Max Reger in Leipzig und von Claude Debussy in Paris beraten, schuf er ein umfangreiches Oeuvre, das vom jazzinspirierten Klaviersolostück über Streichquartette und Sinfonien mit teilweise politischem Inhalt bis zu abendfüllenden Bühnenwerken reicht. Der auch als Pianist und Konzertorganisator hervorgetretene Musiker pflegte nicht nur mit dem Wiener Schönberg-Kreis, sondern auch mit Max Brod, Alfredo Casella, Paul Hindemith, Leoš Janáček und Darius Milhaud – dem er seine „Fünf Stücke» (1923) widmete – sowie mit verschiedenen Dadaisten persönlichen Kontakt. Von den Nazis als Jude, Kommunist und «Neutöner» diffamiert, starb er an Erschöpfung und Lungentuberkulose am 18.August 1942 im bayrischen Internierungslager Wülzburg.

Die 1973 in Genf für Streichquartett komponierten «Etudes sur des thèmes liturgiques du Comtat Venaissin» op.442 von Darius Milhaud (1892-1974) erklingen in schweizerischer Erstaufführung. Milhaud verwendet darin Zitate aus einer 1885 in Carpentras veröffentlichten Sammlung von synagogalen Gesängen.

Anna Brunner, Igor Keller, Hannes Bärtschi und Christopher Jepson bilden das in Zürich ansässige AMAR QUARTETT. In der Werkauswahl verbindet es bewährte Tradition mit der bewussten Förderung der zeitgenössischen Musik. Das Ensemble wurde 1998-2001 während seiner Studien beim Alban Berg Quartett in Köln mit diversen internationalen Preisen ausgezeichnet und debütierte erfolgreich in der Wigmore Hall in London sowie beim Lucerne Festival. Es folgten weitere Debuts in der Tonhalle Zürich, der St. Petersburger Philharmonie, beim Menuhin Festival Gstaad, der Styriarte Graz und der Konzerthalle Megaron in Athen. Im Juli 2009 war das Quartett erstmals bei Gidon Kremers Kammermusikfest im österreichischen Lockenhaus zu Gast. Im Dezember 2008 überreichte der Zürcher Stadtpräsident Elmar Ledergerber dem AMAR QUARTETT das Werkjahr für musikalische Interpretation und 2012 erhielten die vier Musiker für die beiden ersten CDs der Gesamteinspielung von Hindemiths Streichquartetten beim Label Naxos je einen Diapason d’or.

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