Einführung: Oded Fluss
Theater Stadelhofen
Stadelhofenstrasse 12
8001 Zürich
Anmeldung: 044 915 28 63
omanut@omanut.ch
Eintritt: CHF 15.–/10.– für Omanutmitglieder
Yitzhak Laor ist so alt wie das Land Israel. Seine Eltern flohen rechtzeitig vor den Nationalsozialisten aus Europa nach Palästina – die Mutter aus Riga, der Vater aus Bielefeld. Als einer der Ersten, die den Militärdienst in den besetzten Gebieten verweigerten, schaut Laor mit prüfendem Blick auf die israelische Situation und das Judentum.
Der Gedichtband «Auf dieser Erde die in Schönheit gehüllt ist und Wörtern misstraut» (Matthes & Seitz, 2018) ermöglicht dank der grossartigen Übersetzung von Anne Birkenhauer einen zweisprachigen Zugang zu Laors Sprache, der eine alttestamentarische Wucht und Poesie innewohnt. Hier ein Ausschnitt aus dem Gedicht «Ratschläge»:
Nur der Zeit wegen, mein Sohn, wird nicht Gärtner.
Wie viel Zeit, bis ein Baum blüht
pflanz ihn am Wasser, düng ihn, bis er
Wurzeln schlägt, austreibt, grünt, ziehn Jahreszeiten vorbei, bis
eine Blüte wie ein Goldfisch knospt. […]
Werd Pilot
ein Moment
und alles ist zerstört, ungeborenes Kind, junger Mann, Garten, Haus,
Goldfisch.
Werd Pilot, mein Sohn, ein Schlag und alles ist vorbei.
רק בגלל הזמן, בני, אל תהיה גנן.
כמה זמן עד שעץ אחד פורח
תשתול אותו על מים ועל דשן, עד
יכה שורש, ילבלב, יוריק, עונות יעברו, עד
פרח אחד מנץ, כמו דג זהב ]…[
והכל נהרס, עֻבָּר, ילד, בחור, גן, בית
דג זהב. היה טיס, בני, מכה ונגמר.
Bereits 2005 hat Markus Lemke im Unionsverlag Laors Roman «Ecce Homo» ins Deutsche übertragen, in dem der Autor die moralische Korruption und die psychologische Deformierungen von Politik und Militär schonungslos schildert. Der Übersetzer wird mit Yitzhak Laor über dessen Werk, die Gratwanderungen des Übersetzens und über die Rolle des Dichters in der heutigen Zeit sprechen
Yitzhak Laor, 1948 in Pardes Hanna bei Hadera geboren, ist einer der politischsten wie subtilsten Dichter der israelischen Gegenwartsliteratur. Sein Werk umfasst Lyrik, Prosa, Essays und Sachbücher. Neben seiner schriftstellerischen Arbeit publiziert der studierte Literaturwissenschaftler, der seine Ausbildung mit einer Promotion über den israelischen Dramatiker Hanoch Levin abschloss, regelmässig Literaturkritiken in der israelischen Tageszeitung Ha’aretz.
Markus Lemke, 1965 in Münster geboren, dolmetscht und übersetzt seit 1995 historische Sachbücher und Belletristik. Aus dem Hebräischen hat er Autoren wie Eshkol Nevo, Dror Mishani und Abraham B. Yehoshua übersetzt. Zweimal erhielt er den Hamburger Förderpreis für literarische Übersetzungen.