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Bauhaus in Israel

1919 öffnete das von Walter Gropius gegründete Bauhaus seine Tore und entwickelte sich bis zu seiner Schliessung 1933 zu der wohl bekanntesten Kunst- und Architekturschule Deutschlands. Längst ist ihr Name zum Synonym für die Klassische Moderne geworden. Der Anteil jüdischer Studierender am Bauhaus war aussergewöhnlich hoch: circa 200 von insgesamt ungefähr 1000 Absolventen. 25 von ihnen wanderten später nach Palästina aus und versuchten sich als ausgebildete Maler, Typografen, Möbeldesigner, Fotografen, Kunstgewerbler im alt-neuen Land. Die am Bauhaus geschulten Architekten fanden ein dankbares Betätigungsfeld in den nach 1933 schnell wachsenden Städten des Landes. Tel Aviv, Anlaufpunkt vieler Flüchtlinge aus dem nationalsozialistischen Deutschland, sowie den von Deutschland besetzten Ländern Mittel- und Osteuropas verdreifachte seine Einwohnerzahl innerhalb kürzester Zeit von 50.000 im Jahr 1932 auf 150.000 am Ende der Dreissiger Jahre. Für die Massen an Immigranten musste platzsparender Wohnraum schnell, billig und dabei möglichst ästhetisch befriedigend geschaffen werden. Der funktionale „Bauhausstil»  trug diesen Bedürfnissen Rechnung. In seinem Ursprungsland eine eher singuläre Erscheinung wurde er in der Mittelmeermetropole, aber auch in den neu entstehenden Vorstädten von Haifa und Jerusalem flächendeckend angewandt. Der Eintrag der „Weissen Stadt» von Tel Aviv in die Welterbeliste der UNESCO im Jahr 2003 trägt diesem Phänomen Rechnung. Dies hat zu einem neuen Bewusstsein gegenüber dem modernen Erbe in Israel geführt, das inzwischen auf internationales Interesse stösst.

Ita Heinze-Greenberg, Leitende Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur an der ETH, ist die wohl beste Kennerin der „Bauhaus-Architektur» Israels in der Schweiz. Sie hat zu dieser Thematik umfassend publiziert, darüber hinaus zum Leben und Werk des Architekten Erich Mendelsohn, der in den 1930er Jahren ebenfalls in Palästina tätig war: „Europa in Palästina: Die Architekten des zionistischen Projekts in Palästina 1902 – 1923″ (Zürich 2011); sowie „Erich Mendelsohn: Bauen ist Glückseligkeit» (Berlin 2011).

Ita Heinze-Greenberg war zwischen 1984 und 1997 Forschungsassistentin und später Dozentin für neuere Kunst- und Architekturgeschichte am Technion, Israel Institute of Technology, in Haifa. Im Rahmen der Reihe „Dürfen wir eintreten?» wird sie einen bebilderten und kommentierten Spaziergang durch Tel Aviv unternehmen und auf die Besonderheiten dieser wichtigen Architekturperiode eingehen.

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